Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Eltern,
die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise hat dramatische Auswirkungen auf den Haushalt unserer Stadt. Den Zusammenbruch der Wirtschaft konnten wir zwar verhindern, aber das kostet den Staat, und damit seine Steuerzahler, viel Geld. Die prognostizierten Steuerausfälle belaufen sich allein bis 2012 auf rund 4,7 Milliarden Euro. Hinzu kommen Mindereinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe, die uns allein die Klientelpolitik der schwarz-gelbe Regierung in Berlin einbrockt. Wir in Hamburg zahlen also auch für die Steuergeschenke an Millionenerben und Hoteliers.
Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen setzt die Hamburger Koalition den Ausbau der Kindertagesbetreuung fort: Bis zum Jahr 2012 werden rund 40 Prozent mehr Krippenplätze und 20 Prozent mehr Hortplätze entstehen. Gleichzeitig werden die Betreuungsstandards gesichert. Mit den Verbänden für Kindertagesbetreuung sind höhere Entgelte für eine bessere Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern und mehr Sachmittel für die Kitas vereinbart worden. Dafür wird der Senat allein in diesem Jahr 10 Millionen Euro investieren. Es ist uns wichtig zu betonen: An der Kinderbetreuung wird nicht gespart und nicht gerüttelt! Im Gegenteil: Die Aufwendungen der Stadt für die Kitas werden von derzeit 450 Millionen Euro auf rund 520 Millionen bis zum Jahr 2012 ansteigen. Hamburg hat im Bundesvergleich die zweithöchsten Ausgaben für die Bildung und Betreuung von Kindern unter zehn Jahren.
Frühkindliche Bildung ist und bleibt ein Schwerpunkt schwarz-grüner Politik! Was in vielen westdeutschen Bundesländern noch Zukunftsmusik ist, ist in Hamburg seit Jahren Normalität: Jedes Kind berufstätiger Eltern hat einen rechtlichen Anspruch auf einen Krippen-, Kita- oder Hort-Platz. Diese bundesweit vorbildlichen Betreu-ungsrechtsansprüche werden wir trotz angespannter Haushaltslage im Kern erhal-ten.
Ausbau der Kindertagesbetreuung, Sicherung der Qualität und Gewährleistung um-fassender Rechtsansprüche: Dies alles kann aufgrund der dramatischen Steuerausfälle infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht allein durch die öffentliche Hand finanziert werden. Wir haben uns daher für eine etwas höhere Beteiligung der Eltern an den Kosten der Kindertagesbetreuung entschieden. Dabei nehmen wir die Eltern nur in einem zumutbaren Maß und nach ihren finanziellen Möglichkeiten in die Ver-antwortung.
Wir stellen fest, dass derzeit viele Gerüchte und Halbwahrheiten über die Senatsbe-schlüsse im Umlauf sind. Wir möchten diese Beschlüsse daher gern noch einmal erläutern:
• Alle Familien werden ab Mitte Mai einen höheren Beitrag für das Mittagessen zahlen. Für Eltern von Krippen- und Elementarkindern steigt der Beitrag von derzeit 13 Euro pro Monat auf 21 Euro. Das Essen kostet also rund einen Eu-ro pro Tag. Für Eltern mit Hortkindern steigt der Beitrag auf 42 Euro pro Monat, also auf zwei Euro pro Essen. Das Mittagessen in Kita und Hort wird trotz dieser Anhebung weiterhin für alle Kinder mit drei bis vier Euro pro Kind und Mahlzeit von der Stadt subventioniert. Geringverdiener und Familien, die eine Grundsicherung beziehen, werden einen ermäßigten Beitrag bezahlen: 17 Euro in Krippe und Kita sowie 21 Euro im Hort.
• Nur ein Viertel aller Familien zahlt bislang den Höchstsatz. Nur für diese wird es ab August einen neuen, angepassten Beitrag für die Kita-Betreuung geben. Die alte Beitragsbemessungsgrenze – also die Grenze für Höchstzahler – wird um 1.000 Euro angehoben. Oberhalb der alten Grenze werden 20 neue Beitragsstufen eingeführt, in denen der Eigenbeitrag um je fünf Euro steigt. Im Durchschnitt zahlen die jetzigen Höchstsatzzahler künftig 36 Euro pro Monat mehr, maximal beträgt die Anhebung 100 Euro. Für alle Familien, die auch jetzt weniger als den Höchstsatz zahlen, ändern sich die Gebühren nicht. Der Beitrag bleibt der gleiche wie bisher.
• Die Geschwisterkindermäßigung bleibt unverändert bestehen: Für das jüngste Kind wird der volle Beitrag erhoben, für das ältere Kind ein Drittel des Eltern-beitrages und für jedes weitere Kind nur der Mindestsatz.
• Eltern mit behinderten Kindern werden ab August nicht mehr pauschal 31 Eu-ro pro Monat zahlen, sondern einen neuen Beitrag, der sich an Einkommen und Größe der Familie orientiert. Der besonderen Belastung dieser Familien wird dadurch Rechnung getragen, dass aber nur die Hälfte des üblichen El-ternbeitrages tatsächlich erhoben wird. Der Rechtsanspruch auf Betreuung besteht für Kinder mit Behinderung weiterhin bis zum 14. Lebensjahr.
Anders als von manchen behauptet, fließen die Mehreinnahmen aus den Elternbeiträgen ausschließlich in die Finanzierung der Kindertagesbetreuung. Eine Verknüpfung mit anderen Vorhaben des Senats ist daher falsch und unseriös. Nach wie vor decken die Elternbeiträge im Schnitt nur ein Fünftel der tatsächlichen Betreuungskosten ab. Das heißt umgekehrt: Die Stadt finanziert die tatsächlichen Kosten zu 80 Prozent.
Einige Eltern blicken nach Berlin und fragen, warum dort Gebühren reduziert werden können? Berlin finanziert dies alles auf Pump, die Stadt ist hoch verschuldet und die Hamburger Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geben über den Länderfinanzaus-gleich Millionen an Bundesländer wie Berlin, die nicht nachhaltig wirtschaften. Wir haben uns für einen anderen Weg entschieden und wollen die Kostensteigerungen nicht einfach den nachfolgenden Generationen durch neue Schulden aufbürden.
Fakt ist auch, dass Familien mit Kindern im Vorschulalter durch die Beitragsfreiheit um bis zu 3.504 Euro im Jahr entlastet werden. Das kostenlose letzte Kita-Jahr hatte Schwarz-Grün 2009 eingeführt. Diese Entlastung wird in der gegenwärtigen Protest-stimmung gern vergessen.
Wir appellieren an alle Eltern in der Stadt, den Unmut über die Anhebung der Kita-Gebühren nicht in einen Zusammenhang zu rücken mit den vielen aktuellen Verbesserungen im Schulbereich. Alle Kita-Kinder werden in absehbarer Zeit zu Schulkindern. Sie werden dann in eine bessere Schule gehen, die mehr Chancen als die bisherige bietet und die individuelle Förderung in den Mittelpunkt rückt. Kernstück der besseren Schule ist das europaweit erfolgreich praktizierte längere gemeinsame Lernen. Wir vertrauen darauf, dass die Eltern die notwendigen Gebührenanpassun-gen und die Bildungsoffensive an den Schulen voneinander trennen.
Herzliche Grüße,
Jens Kerstan, Antje Möller, Christiane Blömeke
im Namen der gesamten GAL-Bürgerschaftsfraktion
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie können nicht gegen die „Schwarzgelbe Regierung in Berlin“ wettern und damit Hamburger Sachzwänge begründen, solange Sie selbst Teil einer scharzbunten Regierung sind. Ich kann Ihren Argumenten in der Sache folgen, sehe aber den Ausweg einzig in einem bundesweiten Politikwechsel, zu dem ein Ausstieg der Hamburger Grünen aus der Koalition zu diesem Zeitpunkt einen wesentlichen Beitrag leisten könnte. Die einzige Erklärung, warum diese Koalition a) entstanden ist und b) nach Moorburg, der Kitagebührenerhöhung, dem Scheitern der Schulreform und dem Abdanken von Beusts immer noch besteht, scheint mir in einem Opportunismus zu liegen, der in der deutschen Parteienlandschaft einzigartig ist. Insofern lesen sich Briefe wie der hier Veröffentlichte wie Maßnahmen zur Selbstberuhigung des Gewissens. Nochmal: Es ist Ihr Koalitionspartner, der AKW-Laufzeiten verlängert und dessen Gesicht Sie hier in Gestalt von Frau van der Leyen mit einem Stoppschild versehen. Wenn Sie all das stoppen wollen, steigen Sie endlich aus. Hören Sie auf, als Stimmvieh für eine Partei herzuhalten, deren Ziele Sie einmal von Herzen verachtet haben – zumindest das nehme ich Ihnen noch ab.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Frank Thomsen
Technischer Redakteur
Holländische Reihe 56
22765 Hamburg
Lieber Herr Dr. Thomsen,
die schwarz-grüne Koalition in Hamburg war und ist ein Novum in der bundesdeutschen Koalitionslandschaft. Sie war damals in 2008 aus der Situation heraus entstanden, dass es keine rot-grüne Mehrheit gab und die SPD rot-rot-grün abgelehnt hat. Als Alternative hatte Hamburg dann nur eine Große Koalition zur Wahl, die aber auch vor dem Hintergrund der damaligen Stimmung gegen die große Koalition in Berlin, außer von der SPD, nicht gewollt war.
Wir Grüne haben dann auf Basis eines aus unserer Sicht sehr grünen Koalitionsvertrages dieses Bündnis gewagt. Das hat nichts mit Opportunismus zu tun, sondern mit der Einschätzung von uns Grünen, ob wir möglichst viel grüne Politik umsetzen können (was der Wählerauftrag war und ist). Das Moorburg nicht verhindert werden konnte, lag nicht am Widerstand der CDU, sondern am Veto des Oberlandesgerichtes. Das wir den Einstieg in das längere gemeinsame Lernen nun nicht schaffen, lag auch nicht an der CDU, sondern an den Wählern. Was für uns und viele, die diesen Weg nach wie vor richtig finden, sehr bitter ist. Und die Kitagebührenerhöhung hätte ich in der Sache auch lieber vermieden.Doch haben wir Grün-schwarzen dass ja nicht gemacht, um einen Teil der Eltern zu ärgern. Sondern, weil die Haushaltsnöte (im Bund erhöhen sie einfach die Steuern) so groß sind. Zur zeit entwickeln wir ja gerade einen Sparplan, der die Kitaerhöhung in ihrer Dimension in den Schatten stellt.
Also, ich finde, geben Sie dieser Koalition eine Chance zu beweisen, dass Koalitionen abseits der Lagergrenzen auch für die Bürger sinnvoll sind.
Und, was könnte denn nun ein Ausstieg aus der Hamburger Koalition bewirken, ohne dass es einen hinreichenden Grund in der Landespolitik dafür gibt? Nach Neuwahlen würden wir mit der SPD vor den gleichen Haushaltsproblemen stehen. Und inhaltlich ist uns nicht sehr viel eingefallen, was wir Grüne mit der SPD besser hinbekämen als mit der CDU. Aber, wir haben mit der Wahl des Ersten Bürgermeisters Ahlhaus kein Blankoscheck bis 2012 ausgestellt, wenn es vorher Probleme gibt, werden wir dieses Bündnis neu bewerten. Und noch etwas, wenn Sie wirklich wissen wollen, was meine grünen Abgeordnetenkollegen, Senatoren und ich so alles schon unterhalb der Großprojekte für die Stadt und ihre Menschen erreicht haben, schauen Sie auf meiner Homepage Startseite unter Rubrik ‚GAL regiert – Hamburg profitiert‘ gerne mal nach.
Ihr Farid Müller