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Hansaplatz: Maßnahmen-Wirr-Warr ordnen

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In den letzten Wochen haben sich Anwohnerinnen und Anwohner, SPD-Bürgerschaftskollege Schreiber und Innensenator Grote mit möglichen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation auf dem Hansaplatz geäußert. Aber was nun genau helfen könnte und was schon auf den Weg gebracht wurde, bleibt in der Diskussion außen vor. Hier mein nüchternder Blick auf den Hansaplatz… Ja, die Situation auf und um den Hansaplatz ist nach dem Umbau nur in Teilen besser geworden. Und ja, wir Abgeordnete und der Senat sind in der Pflicht hier zielgenau auf sozial verträglicheres Miteinander im öffentlichen Raum hinzuwirken. Denn der Hansaplatz muss besser von allen genutzt werden können und die Anwohner brauchen Entlastung von den gesellschaftlichen Problemen, die sich vor ihrer Tür abspielen.

Problem der größer gewordenen Trinkerszene

Dieses in den letzten Jahren immer größer werdende Problem der Trinkerszene macht den Öffentlichen Raum auf Teilen des Hansaplatzes gefühlt und real unsicherer. Ein Großteil der Trinkerszene kommt nicht aus St. Georg, sondern besucht den Hansaplatz erstens wegen der zentralen Lage und zweitens wegen des Angebots von Billigalkohol durch die Kioske vor Ort. Die Folgen sind neben der Unsicherheit auf dem Platz mehr Fäkalien auf und am Rand des Platzes bis in die Hauseingänge hinein. Hier hat die Stadtreinigung auf Bitten des Stadtteilbeirats bereits reagiert und eine öffentliche und vor allem kostenlose Toilette am Rand des Platzes installiert. Die Kostenlosigkeit war bis zuletzt umstritten, ist aber auch auf meinen Rat als Kenner des Platzes für einen 6-monatigen Probezeitraum gekommen. Das schon vorhandene Pissoir ist dafür nicht abgebaut worden, was die Stadtreinigung aber zuerst wollte, sodass jetzt ein Angebot für den Toilettengang auf dem Platz gegeben ist.

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Alkoholverkaufsverbot

Als zweite Maßnahme haben die rot-grünen Regierungsfraktionen den Senat aufgefordert, ein Gutachten als Grundlage für ein örtlich und zeitlich begrenztes Alkoholverkaufsverbot bis zum Ende des Sommers 2018 auszuarbeiten. Das gibt es bisher gerichtsfest noch in keinem Bundesland. Das Gutachten muss darlegen, ob und wie eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung die Einschränkung der Gewerbefreiheit im Fall des Alkoholverkaufs ermöglicht. Soweit ich gehört habe, hat sich die Erstellung des Gutachtens verzögert und soll Ende des Jahres vorliegen. Die Bürgerschaft würde im Falle einer aufgezeigten Möglichkeit hier eine gesetzliche Grundlage schaffen, dass die Bezirke zeitliche und örtliche Einschränkungen des Alkoholverkaufs anordnen können. Ziel dieser Maßnahme am Hansaplatz ist, die Versorgung der Trinkerszene mit Billigalkohol stark zeitlich und örtlich einzuschränken. Und damit eine wesentliche Verringerung der Trinkerszene zu erreichen. Angepeilter Zeitraum der Umsetzung dieser Maßnahme ist das erste Vierteljahr in 2019.

Glasflaschenverbot?

Nun fordern einige Anwohnerinnen und Anwohner mit dem SPD-Abgeordneten Kollegen Markus Schreiber, der hier als Vorsitzender des Bürgervereins agiert, zusätzlich und parallel noch ein Glasflaschenverbot. Ausgangspunkt dieser Forderung sind angeblich sich mehrende Fälle von verletzten Passanten durch Glasflaschen. Bisher gab es solche Verletzungen im Zuge des Alkoholkonsums unter den Trinkenden, was ebenfalls aus meiner Sicht das Sicherheitsgefühl von Anwohnerinnen und Anwohner sowie Passanten stark beeinträchtigt. Bisher gibt es so ein Glasflaschenverbot nur auf dem Kiez und das auch nur zeitlich begrenzt in den Nächten des Wochenendes. Das Glasflaschenverbot würde zum einen den Verkauf von Getränken in Glasflaschen unterbinden und zum anderen den Besitz solcher Glasflaschen auf dem Hansaplatz verbieten. Voraussetzungen für die Einschränkung der Gewerbefreiheit und der Einschränkung des persönlichen Besitzes von Glasflaschen sind eine erhebliche Anzahl von Straftaten der gefährlichen Körperverletzung. Ob diese erhebliche Zahl vorliegt, wird zur Zeit noch in der Innenbehörde geprüft. Sollte es eine ausreichende Grundlage gefährlicher Körperverletzungen mit Glasflaschen geben, müsste die Bürgerschaft ein Gesetzesverfahren einleiten, welches dann den genau abgegrenzten Raum und  Zeitspanne umfasst.

Meine Meinung dazu: Warten wir die Zahlen erst einmal ab. Denn die Hürden für ein gerichtsfestes Glasflaschenverbot sind hoch. Und anders als auf dem Kiez müsste in der Logik der Situation am Hansaplatz so ein Verbot rund um die Uhr gelten, statt nur nachts am Wochenende. Ein Rund-um-die-Uhr-Verbot müsste dann auch entsprechend kontrolliert werden. Also alles in allem ein sehr aufwendiges Verfahren mit massivem personellen Kontrollaufwand, wenn es tatsächlich wirken soll. Das alles ist aus meiner Sicht nur zu rechtfertigen, wenn andere Maßnahmen nicht greifen. Wenn aber die genannte Maßnahme zum Alkoholverkaufsverbot mit vertretbarem Kontrollaufwand zum Tragen kommt und die damit verbundene Reduzierung der Trinkerszene erreicht wird, dann bräuchte es kein zusätzliches Glasflaschenverbot.

Wiedereinführung der Videoüberwachung?

Als weitere Maßnahme ist eine Videoüberwachung von Anwohnerinnen und Anwohnern sowie vom Innensenator ins Gespräch gebracht worden. Diese hatte der Hansaplatz schon einmal und ist zu einen wegen begrenzten Erfolg und wegen des Umbaus eingestellt worden. Aber was genau soll nun eine erneute Videoüberwachung für das Sicherheitsgefühl bringen? Der Hauptteil der Straftaten auf dem Hansaplatz sind Affekttaten und passieren im Alkoholrausch oder drogenbedingt. Alle Erfahrungen haben gezeigt, dass sich solche Straftaten nicht durch Videoüberwachung verhindern lassen. Andere mehr geplante Straftaten würden in die Nebenstraßen abwandern. Genau das war die Situation aber vor dem Abbau der Videokameras. Jetzt müsste erst einmal eine Analyse der aktuellen Straftatensituation verbunden mit der Frage, ob diese durch eine Videoüberwachung nennenswert reduziert würden, erstellt werden. Die liegt aber bisher uns Abgeordneten und der Öffentlichkeit nicht vor.

Ein zweiter Effekt einer Videoüberwachung kann natürlich eine bessere Strafverfolgung nach der Tat sein, aber auch hier stellt sich die Frage: gibt es aktuell Probleme bei der Strafverfolgung? Auch hier müssten die Informationen erst einmal aufbereitet werden. Die anderen Gesetzesverstöße auf Ordnungsstrafenrecht basierend, wie Verstoß gegen die Sperrgebietsverordnung seitens der Prostituierten und Freier oder einfach Platzverweise durch Störung im Öffentlichen Raum würden zwar gefilmt, wirken aber nicht abschreckend. Und dass ein Bruch der Sperrgebietsverordnung auf Filmen besser nachzuweisen ist, wäre mir neu… Alles in allem scheint hier eine Maßnahme neue Beliebtheit zu erfahren, deren Wirkung nach aktuellen Erkenntnissen nicht wirklich einleuchtet. Aus Sicht der Anwohnerinnen und Anwohner kann ich sehr gut verstehen, dass man nach jedem Strohhalm greift, der die Situation erträglicher machen könnte. Doch wir Abgeordnete sind verpflichtet, keine Scheinlösungen zu präsentieren, sondern genau hinzusehen und die Probleme zielgerichtet anzugehen.

Polizei und Ordnungsrecht allein als Problemlöser?

Viele der Probleme auf dem Hansaplatz sind allein durch mehr Polizei und eine Erhöhung der Ordnungsstrafmaßnahmen nicht wirklich nachhaltig zu lösen. Dabei bedarf es auch den Blick auf die Problemgruppen: wie kann den drogenabhängigen Prostituierten wirklich geholfen werden, einen Ausstieg aus so einem Leben zu finden? Und wie kann Straßensozialarbeit den Trinkern aus ihrer Sucht und deren Ursachen heraushelfen?

Hier müssen wir verstärkt einen Blick drauf werfen und die Polizei nicht über Gebühr mit der Lösung gesellschaftlicher Probleme belasten, die sie gar nicht nachhaltig lösen kann. Denn so wird zum Teil erst ein Ohnmachtsgefühl bei den Bürgerinnen und Bürgern ausgelöst. Wir Grüne haben deswegen dem Senat eine solche Prüfung beim Gutachten des Alkoholverkaufsverbotes mit auf dem Weg gegeben.

Ältere Posts zum Thema:

Eröffnung der Toilette am Hansaplatz
Bürgergespräch zur Situation am Hansaplatz
Situation am Hansaplatz

1 Kommentar Neues Kommentar hinzufügen

  1. Marek Weiss sagt:

    Die Lösung der Hamburger Grünen zu den Problemen am Hansaplatz lautet also: Abwarten und Tee trinken?! Aber nur mit Sozialarbeitern wird man die Problemlage nicht in den Griff bekommen. Und, dass Videoüberwachung sehr wohl abschreckend wirken kann – insbesondere bei Verstößen gegen die Sperrgebietsverordnung und beim offenen Drogenhandel – wird sich noch zeigen. Aber vielleicht sollten sich die Hamburger Grünen mal fragen, warum die meist drogenabhängigen und offenkundig unter anderen Zwängen arbeitenden Prostituierten auf Hilfs- und Ausstiegsangebote nicht eingehen (dürfen)?! Wenn man unter dem Druck von bzw. der Bedrohung durch Kriminelle auf den Strich geschickt wird, dann nimmt man zwar Kaffee und Kondome von „Ragazza“, aber das war es dann auch. Und mit dem Kaffee kann man dann noch länger auf der Straße stehen, die lumpigen paar Euro pro Nummer ranschaffen und das meiste davon auch noch bei Anderen abliefern. Wegschauen und Negieren hilft nicht, eine ehrliche Sicht der Dinge schon – auch wenn die Wahrheit dann möglicherweise nicht ins Weltbild passt…
    Hochachtungsvoll,
    M. Weiss

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