In meiner letzten Rathauspost informierte ich noch über den Sieger des Kunstwettbewerbs „Denkort für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“. Zwischenzeitlich haben sich viele Künstler*innen mit einem offen Brief an Kultursenator Brosda gewandt.
Vielleicht nochmal zur Erinnerung, der Ort für diesen Denkort ist die Binnenalster an der Ecke Lombardsbrücke/Neuer Jungfernstieg. Dort soll der 2. Platz des Kunstwettbewerbs verwirklicht werden. Hunderte Künstler*innen haben sich nun in einem offenen Brief an Kultursenatur Brosda gewandt, und sich für den Siegerentwurf auf Platz 1 ausgesprochen.
Dieser Entwurf jedoch stieß nicht auf die Zustimmung von Vertreter*innen der queeren Community. Weswegen die Kulturbehörde dann nicht den Siegerentwurf von Platz 1 als den Entwurf kürte, der dann auch umgesetzt werden soll.
Grund dafür war die Beschränkung des mit der blauen Spirale gemeinten Tanzverbots für schwule Männer in den Sechziger Jahren in Hamburg Mitte als Symbol für den Denkort. Die queeren Vertreter*innen in der Kunstjury und im folgenden Treffen befanden den Entwurf nicht passend zur Ausschreibung, die ausdrücklich die gesamte queere Community spiegelte und auch nicht nur den Blick zurück werfen sollte.
Deswegen war die Entscheidung der Community-Vertreter*innnen auch mit großem Einvernehmen auf den zweiten Entwurf dem ‚Pavillon der Stimmen‘ gefallen.
Auch ich unterstütze diesen Entwurf, weil er eben für die gesamte Community steht, zeitlos daherkommt und damit nicht nur auf die Vergangenheit weist.
Im offenen Brief der Künstler*innen wird nun aber kritisiert, dass es eben formal gar kein Vetorecht der queeren Community im künstlerischen Wettbewerb gab und die Community ja auch in der Kunstjury vertreten war. Nicht erwähnt wurde, dass die Community-Vertreter in der Abstimmung zum Siegerentwurf überstimmt wurden. So entstand dann eine unglückliche Frontstellung zwischen Künstler*innen und Community-Vertreter*innen, die auf einer von der Kultur- und Medienbehörde eigens angesetzten Veranstaltung im Museum für Kunst und Gewerbe aufeinanderprallte.
Klar ist, dass zukünftig künstlerische Wettbewerbe zu gesellschaftspolitischen Fragen besser geregelt werden sollten, damit in Zukunft mehr Sicherheit und Vertrauen bei den teilnehmenden Künstler*innen, aber eben auch bei den gesellschaftlichen Betroffenen besteht.
Nun bieten die Leitung der Behörde für Kultur und Medien und die Regierungsfraktionen Grüne und SPD den Künstler*innen des Siegerentwurfs an, ihren Entwurf in etwas abgespeckter Form doch noch umzusetzen, und zwar vor einem der damaligen Tanzlokale Bohème, Capri, Roxi und Stadtkasino mit schwulem Tanzverbot.
So hat dieser Disput zufolge, dass wir eine zweite Erinnerung im Stadtbild zum Umgang der Stadtgesellschaft mit ihren queeren Bürger*innen bekommen. Ich halte Euch hier auf dem Laufenden.
Ältere Posts dazu:
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