Am 19. August war Bundeskanzler Olaf Scholz erneut im Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zu Cum-Ex/Warburg und der möglichen politischen Einflussnahme als Zeuge geladen.
Natürlich haben alle bundes- und hamburgweiten Medien auf diese erneute Zeugenbefragung des Bundeskanzlers hingefiebert. Befeuert wurde die Berichterstattung durch neue Informationen aus den laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln, die teils aus NRW und teils aus anderen Quellen öffentlich wurden. Da ging um 200.000€ im Schließfach des ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten für Hamburg-Mitte Johannes Kahrs, um einen WhatsApp-Chatverlauf der von der für die Warburg Bank zuständigen Finanzbeamtin an eine Freundin die Finanzbehörde versandt wurde und von „meinem Teuflischen Plan“ sprach, den allerdings bisher niemand kannte. Und natürlich fragt sich die aufgeregte Republik, ob Olaf Scholz sich inzwischen vielleicht doch noch an seine Treffen mit den Warburg-Gesellschaftern erinnern könnte. Was vorweggenommen nicht der Fall war.
Inzwischen wurden über 100 Zeug*innen befragt, Tausende Akten gewälzt und kein Beweis bis heute für eine politische Einflussnahme von Olaf Scholz gefunden. Dennoch bleiben Ungereimtheiten und offene Fragen:
- Wieso haben sich der ehemalige SPD-Senator Pawelzyk und der ehemalige Bundestagsabgeordnete von der Warburg Bank vor ihren Karren spannen lassen, um Treffen mit dem damaligen Ersten Bürgermeister Scholz zu ermöglichen? Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt jedenfalls gegen beide.
- Wieso gab es eine ungewöhnliche Nähe von der beim Finanzamt für Großunternehmen zuständigen Finanzbeamtin zur Warburg Bank? Ging es um Begünstigung? Auch hier ermittelt die Staatsanwaltschaft.
- Wieso traf sich Olaf Scholz gleich dreimal mit den Warburg-Gesellschaftern, wenn er doch in Sachen Cum-Ex eine klare Haltung (strafbare Steuerhinterziehung) schon damals hatte? Hätte nicht ein Treffen genügt, um seine Haltung klar zu machen? Auf diese Frage konnte Herr Scholz mir mangels Erinnerungen an diese Treffen nicht erhellend antworten.
- Schon im Herbst 2016 war abzusehen, dass die Warburg Bank bei einer Rückforderung der zu Unrecht erstatteten Kapitalertragssteuern in Höhe von 47 Mio.€ nicht in Insolvenz gehen müsste. Schon im Frühjahr’16 haben die Gesellschafter aus ihrem Privatvermögen 92 Mio.€ einen Schuldbeitritt bei einer möglichen Rückforderung geleistet. Parallel wurden Kapitalbeschaffungsmaßnahmen innerhalb der Bank vorangetrieben, um das Eigenkapital zu stärken. Wieso die entscheidende Finanzbeamt*inen-Runde im November’16 sich nicht für eine Rückforderung entschieden hat, weil sie genau vor einer Bankinsolvenz und einer Gerichtsniederlage Angst hatten, bleibt weiterhin ein Geheimnis…
Als nächste Zeug*innen stehen die Chat-Freundin in der Finanzbehörde, der Staatsminister im Bundeskanzleramt Wolfgang Schmidt sowie die langjährige Sekretärin von Olaf Scholz zur Befragung an. Parallel beantragen CDU/Linke eine Erweiterung des Untersuchungsauftrages auf die damaligen Cum-Ex-Geschäfte der HSH-Nordbank, sowie sämtlichen Cum-Ex-Verdachtsfällen und anderen noch unbekannten Steuerhinterziehungen… Aktuell versuchen SPD/Grüne und CDU/Linke nun den Untersuchungsauftrag besser einzugrenzen. Mehr Infos dann gerne an dieser Stelle.
Hier meine Rede zu der Frage am 24. August in der Bürgerschaft (einfach auf das Foto klicken):