Viel Allgemeinplätze – keine Finanzierung der Wahlversprechen
Das ist enttäuschend, nun hat die SPD die absolute Mehrheit errungen und weiß kaum mit ihr was anzufangen. Es werden brav die Wahlversprechen (Rücknahme Kitogebührenerhöhung, Abschaffung Studiengebühren) aufgeführt, aber es fehlen konkrete Vorhaben gerade auch in meinen Ressorts der Medien- Justiz- und Gleichstellungspolitik.
Die Medienpolitik soll mit der Verlagerung in die Senatskanzlei aufgewertet werden. Soweit so gut, doch als erste Meldung erreicht uns die Nachricht, dass die Funktion des Medienkoordinators abgeschafft werden soll. Auf meine Senatsanfrage hin antwortet der Senat ausweichend, er hätte sich mit dieser Frage noch nicht beschäftigt. Mit anderen Worten, Olaf Scholz ist noch ratlos, was er hier machen soll.
Auch die Programm zur Medienpolitik gibt wenig Aufschluss, was er nun mit dieser Verlagerung dieses für Hamburg sicher wichtigen Bereichs vorhat. Der geneigte Hamburger erfährt von nicht falschen Hinweise Hamburg zur Hauptstadt des E-Goverments auszubauen und den E-Commerce zu stärken, aha…? Natürlich fehlt auch kein Hinweis auf die allseits bekannte Medienkonvergenz (auf deutsch das Verschmelzen der klassischen Medien im Internet), auch schön, aber was dies nun konkert bedeutet, kein Wort darüber.
Auch in der Justizpolitik bleibt alles im Dunkeln. Man wolle weiter teuere Haftplätze abbauen, sagt aber nicht, ob die dafür von uns Grünen eingeleitete Schließung der JVA Glasmoor mit dem gleichzeitigen Neubau eines Offenen Haftvollzugs in Santa Fu weiterverfolgt wird. Und natürlich soll die Resozialisierung ein Schwerpunkt sein, und man will deswegen, die Empfehlungen der dafür von uns Grünen eingesetzten Expertenkommission umsetzen. Das freut mich, aber geht es auch konkreter?
In der Gleichstellungspolitik für Lesben und Schwule gibt es Hinweise auf bundespolitischen Vorhaben, die ohne wenn und aber positiv zu bewerten sind, aber wahrscheinlich keine politische Relevanz haben solange Schwarz-Gelb regiert. Dafür fehlen aber Hinweise, wie denn die neue Behördenleitung mit den Hamburger Beratungsprojekten umgehen will. Bleiben sie erhalten, werden sie finanziell – zum Beispiel im Jugendbereich und im Schulbereich – gestärkt? Was wird aus dem schwulen Jugendzentrum, wo es schon eine Beschlusslage des alten Senats im Hinblick auf die Finanzierung gibt? Zum Thema HIV/AIDS, bei dem immer noch 2/3 schwuler Männer betroffen sind, findet gar nichts statt.
Es gibt aber Hoffnung bei der Bürgerbeteiligung, hier bekennt sich die SPD immerhin zur direkten Demokratie und will den Reformprozess bei den Bürgerentscheiden auf Bezirksebene fortsetzen. Wir Grüne hatten ja im letzten Jahr zu einem Rathausgipfel alle Fraktionen und Mehr Demokratie eingeladen. Bis November 2010 gab es immerhin schon einen ersten Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden. Hier scheint die SPD weiterarbeiten zu wollen, ich werde hier mit Andreas Dressel als neuen Fraktionsvorsitzenden das weitere Procedere mal abstimmen.
Mich beunruhigt allerdings die Tatsache, dass die teuren Wahlversprechen eingelöste werden sollen, aber deren Gegenfinanzierung komplett ausgeblendet wird. Entweder werden neue Schulden gemacht (was an sich wegen der Schuldenbremse nicht geht) oder es werden andere Bereiche entsprechend gekürzt (nur welche?). Bis zum Sommer will die SPD einen Haushalt vorlegen, da sind wir dann gespannt, wie das Wunder vollbracht werden soll….
Mich interessiert Eure Meinung zum SPD-Regierungsprogramm – kommentiert unten!
Lieber Farid,
was mich an der aktuellen Regierung stört ist die Zeitschinderei. Seit fast zwei Monaten hat sich nicht viel getan, weil z.B. in den Bezirksversammlungen die Ausschüsse noch gar nicht zusammen gesetzt sind. Dieses dauert bis Mai/Juni, eine Zeit in der vieles unverändert bleibt, das dauert mir zu lange, wo Olaf Scholz doch einen schnellen Wandel versprochen hat. Auch Straßenschäden etc. sollten behoben werden, passiert ist nichts. Im Moment liest man von der Hamburger Politik z.B. im Abendblatt viel zu wenig. Das Einizige was man in den Medien hört ist Lybien und Fukushima, mich interessiert aber vielmehr die Situation vor unserer Haustür hier in Hamburg. Statt Milliarden Steuergelder ins Ausland zu „spenden“ für Aufbauprojekte sollte bei uns in Deutschland angefangen werden. Wenn Deutschland nur „spendet“ und nicht mal wieder an sich selbst denkt, wird es bald selbst pleite sein (bei der hohen Staatsverschuldung) und Geld aus den Rettungsschirm benötigten. Der Topf dort wird aber auch leer sein, wenn alle nur nehmen.
Hamburg und Deutschland sollte daher vordringlich in sich selbst, heißt in Schulen, Krankenhäuser, Parks, Wege, Straßen, Theater, Museen etc. investieren. Wenn das Geld, was jetzt ins Ausland oder für die Banker ausgegeben wird hier bleibt, so wäre das bei den Milliarden auch kein Problem.
Viele Grüße
Karl-Heinz
Lieber Karl-Heinz,
ich kann Deinen Frust nachvollziehen. Hier haben wir ständig Geldmangel (und bei einigen schlampig geplanten Projekten wie der Elbphilharmonie oder der U$ ufern die Kosten aus) und parallel zahlen wir in einer Art EU-Länderfinanzausgleich für Gemeinwesen, die zuviel über ihre Verhältnisse gelebt haben.
Doch was ist sinnvoll zu tun? Sind wir nach der Lehmann-Pleite einfach erpressbar, so nach dem Motto „to big to fail“? Griechenland, Portugal und Irland sind sicher vom Volumen her nicht mit Lehmann zu vergleichen, aber es sind eben Staaten, die Pleite gehen und es hängen auch Banken drin.
Ich glaube, dass die ganze Sparpolitik für diese Länder falsch ist. Das soll zu schnell war zurückgedreht werden, was sich lange aufgebaut hat. Das führt zwangsläufig in die Rezession und damit in die Schuldenfalle. Ich glaube übrigens, es kommt zu einem Schuldenschnitt im Falle Griechenlands….
Ich glaube es hängt viel am Vertrauen, ob wir als Geberland das Gefühl haben, dass sich die Griechen, Irländer und Portugiesen wieder anstrengen, ihr Defizit abzubauen. Da ist mir der neue Mechanismus zu weich, die EU-Kommission sollte ohne Entscheidung des Rates (und damit der EU-Finanzminister) Sanktionen für Länder verhängen dürfen, die die Stabilitätgrenzen überschreiten. Und ansonsten wird diese Euro-Krise entweder mehr Macht nach Brüssel verlagern oder die EU auf Dauer spalten…
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