Hamburg muss im Streit um das Memorandum hart bleiben
Mitte September 2012 sollte ein neues Arbeitsprogramm (Memorandum) zwischen den beiden Partnerstädten St.Petersburg und Hamburg verabschiedet werden. Die Einladungen für die feierliche Unterschriftenzeremonie waren schon verschickt. Ein paar Tage vorher hat die Petersburger Delegation ihren Hamburgbesuch abgesagt. Hintergrund waren unüberwindliche Meinungsverschiedenheiten, was im zukünftigen Arbeitsprogramm der Städte stehen soll.Ein entscheidener Dollpunkt war der Bereich, der sich um die Zusammenarbeit von lesbischen und schwulen Projekten im Kultur und Bürgerrechtsbereich dreht.
Erst im Frühjahr hatte die Hamburger Bürgerschaft erstmals in ihrer Geschichte eine gemeinsame Resolution zum damals drohenden und inzwischen verabschiedeten Anti-Gay-Gesetz einstimmig beschlossen. So kritisch hatte sich das Landesparlament noch nie zu einem politischen Vorgang in einer Partnerstadt geäußert.
Es half alles nichts, das Gesetz wurde mit großer Mehrheit von der Duma St. Petersburg (dem dortigen Landesparlament) verabschiedet. Nur wenige Abgeordnete haben da nicht mitgemacht (mit denen konnte ich vor Ort sprechen). Das Gesetz stellt „Werbung“ für lesbisches und schwules Leben unter Geldstrafe. Das trifft alle öffentlichen Veranstaltungen, die aus Sicht der Stadtverwaltung dazu geeignet sind, Jugendliche vor Homosexualität zu schützen….
Gleichwohl gibt es seit einiger Zeit aber eine Zusammenarbeit zwischen der Hamburger Depandance des Lesben- und Schwulenverbandes mit gegenseitigen Besuchen und auch der Lesbisch-schwulen Filmtage mit ihrem Pendant in St. Petersburg. Diese vorbildliche zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit steht auch im bisherigen Entwurf des Arbeitsprogramms, welches eben den Unmut der Putin-Stadtregierung geschürt hat. In sich ist die Absage und die Verweigerung zur Unterschrift eines solchen Arbeitsprogramms nur logisch. Wenn St.Petersburg das Werben um lesbisch-schwule Leben unter Geldstrafe stellt, aber gleichzeitig dies offiziell zum Arbeitsprogramm mit einer ihrer Partnerstädte erhebt, dann wird dieses erst beschlossene Anti-Gay-Gesetz von den Verursachern deutlich in Frage gestellt.
Umgekehrt heisst das für mich, der SPD-Senat darf hier nicht nachgeben! Denn ein Reduzieren oder gar eine Herausnahme der Zusammenarbeit von lesbisch-schwulen Zivilorganisationen bedeutet eine Akzeptanz dieses Gesetzes auch über die Grenzen St. Petersburgs hinaus.
In einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage von Katharina Fegebank und mir bestätigte der Senat die Absage und verwies auf auf seine Gründe. Die aktuelle Situation in St.Petersburg und deren Auswirkungen sind auch Thema der diesjährigen Lesbisch-Schwulen Filmtage, es sind Aktivisten aus St.Petersburg zu Gast hier in Hamburg. Ich freue mich an der öffentlichen Diskussion am 19. Oktober 2012 im Metropolis Kino mit Petersburgern und Hamburger Filmgästen teilnehmen zu können. In meinen Gesprächen in St. Petersburg Ende August am Rande der Ostsee-Parlamentarierkonferenz habe ich einen direkten Eindruck zu den aktuellen Verhältnissen in der Putin-Demokratie bekommen.
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