Bürgerrechte Staatsvertrag mit Muslimen

Nach 5 Jahren: Muslime erhalten Staatsvertrag

Heute am 13. November 2012 wird der Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) nach mehr als fünf Jahren Verhandlungen die Staatsverträge mit den muslimischen Gemeinden und der alevitischen Gemeinde in Hamburg im Rathaus unterschreiben. 2007 hatte der damalige Erste Bürgermeister Ole von Beust (CDU) angekündigt, dass Hamburg als erstes Bundesland Verhandlungen mit den Muslimen aufnimmt. Was steht nun drin und was haben wir HamburgerInen davon?

Das ist nun wirklich eine Premiere, als erstes Bundesland erkennt Hamburg drei muslimische Religionsgemeinschaften und die alevitische Gemeinde offiziell nach Grundgesetz als Religionsgemeinschaft an. Damit stehen diesen Religionsgemeinschaften die gleichen Rechte wie der Katholischen und Evangelischen Kirche sowie der jüdischen Gemeinde zu.

In diesen fünf Jahren wurden zwei Gutachten von den jeweiligen Senaten in Auftrag gegeben, die untersuchen sollten, ob die Hamburger Organisationen der Schura, der Detip und der VEKZ tatsächlich im Sinne des Grundgesetzes eine Religionsgemeinschaft sind oder nicht. Beide Gutachten haben das im Ergebnis bestätigt.

Wichtige Regelungen:

  • an muslimischen Feiertagen können Schüler und Arbeitnehmer freinehmen, wie Protestanten z.B. beim Buß- und Bettag
  • der gemeinsame Religionsunterricht soll jetzt gleichberechtigt mit den Muslimen gestaltet werden
  • es gilt eine Antidiskriminierungsklausel für andere Religionen, für das weibliche Geschlecht und auch für die sexuelle Orientierung

Wir Grüne haben vor  fünf Jahren in der Bürgerschaft mehrheitlich gegen die vom damaligen CDU-Senat ausgehandelten Kirchenstaatsverträge gestimmt, weil wir diese Form der verschriftlichen Zusammenarbeit mit zwei ausgesuchten Religionsgemeinschaften nicht mehr für zeitgemäß hielten. Unser Vorschlag damals war ein Gesetz für alle Religionsgemeinschaften in Hamburg, in dem die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Religionsgemeinschaften geregelt wird.

Dazu kam es dann natürlich nicht, die Kirchenstaatsverträge wurden verabschiedet. Kurz danach, hatte Ole von Beust – in dem Bewusstsein, die drittgrößte Religionsgemeinschaft dabei übergangen zu haben – den Muslimen auch so ein Vertrag angeboten.

Wir Grüne haben unsere Ablehnung solcher Verträge insoweit revidieren müssen, als dass der Staat gegenüber den Religionen neutral sein muss, und sie gleich behandeln sollte. Insofern war es folgerichtig, nun auch mit den Muslimen über einen Vertrag zu verhandeln. Nachdem nun schon drei Religionsgemeinschaften einen solchen Staatsvertrag mit dem Bundesland Hamburg haben.

Alle Parteien in der Hamburger Bürgerschaft unterstützen diesen Weg jetzt, nur die FDP hat ein Problem damit, im wesentlichen aus den gleichen Gründen, wie wir Grüne die Staatsverträge mit den christlichen Religionsgemeinschaften abgelehnt hatten. Nur, inzwischen sieht eben die Realität anders aus, wenn alle großen Religionen in Hamburg einen Staatsvertrag haben, dann steht auch der drittgrößten Religion, dem Islam, ein solcher Staatsvertrag zu, wenn die Vorrausetzungen stimmen. Das dies so aussieht, das haben zwei Gutachten bestätigt. Die FDP verweigert hier, stellvertretend für die Stadt, den Muslimen die Anerkennung.

Und gerade bei den Muslimen, in Hamburg ca. 150.000 Menschen, besteht ein großes Bedürfnis an Anerkennung durch die Mehrheitsgesellschaft. So ein Vertrag ist eine solche Anerkennung und wirkt deswegen auch integrativ. Diese Verträge stärken zudem die modernen Kräfte in den Gemeinden und nicht die konservativen oder gar extremen.

Als konfessionsloser und offen schwuler Mann habe ich natürlich diesen Prozess der Verhandlungen sehr kritisch begleitet, aber, wenn man in St. Georg wohnt, entwickelt man eine Vorstellung davon, wie wichtig es ist, den Islam zu modernisieren. Das fängt damit an, dass wir die Imame und Religionslehrer in Hamburg ausbilden und nicht aus Ankara, Damaskus und Kairo importieren.

Sehr beruhigt war ich, dass es gelungen war, eine Antidiskriminierungsklausel in den Vertrag zu verhandeln, mit der sich die Vertragspartner verpflichten, niemanden wegen seiner (anderen) Religion, ….und der „sexuellen Orientierung“ zu diskriminieren. Und ja, ich weiß, Papier ist geduldig. Aber in einer Demokratie können wir moralische Einstellungen nur durch solche Vereinbarungen langsam und nachhaltig verändern.  Die muslimischen Gemeinden haben jetzt die Aufgabe, diesen Vertrag auch intern zum Leben zu bringen.

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